DER VERFALL DER „EUROPÄISCHEN UNION“ (IX): Wie erwartet – Antidemokraten fordern EU-Präsidenten und „europäische Verfassung“

13.11.2011, I : Aufprall am Grundgesetz und radikaler Strategiewechsel
14.11.2011, II : Gänsemarsch der Tontauben
16.11.2011, III : Schicksalstag 9.November – Chronologie einer Zeitenwende
27.11.2011, IV : Sollen sie doch Geld drucken
15.01.2012, V : 9.Dezember – Der Große Bluff der “zwei Europas”
16.01.2011, VI : Der “Fiskalpakt” fliegt auf
18.01.2012 VII : Die Betrogenen der Betrüger – Das “EU-Parlament”
20.01.2012 VIII: ESM und “Fiskalpakt” – die epischen Witze der Kanzlerin

Gestern, am 2. März 2012, unterschrieb die Kanzlerin der Berliner Republik, Angela Merkel, in Brüssel einen zahn- und bedeutungslosen Fiskalpakt, der ausdrücklich nur „insoweit“ gilt, wie er mit dem „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (EU-Vertrag) „vereinbar“ ist und der von Republiken, Ländern und Königreichen im Staatenbund erst nach deren „jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften“ ratifiziert werden muss. Denn laut Urteil 2 BvE 2/08 des deutschen Verfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 zum Lissabon-Vertrag ist die „Europäische Union“ lediglich eine „enge, auf Dauer angelegte Verbindung souverän bleibender Staaten“. Und weiter urteilte das Bundesverfassungsgericht an diesem Tag:

„Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch.“

Heute nun, einen Tag nach der mit viel Tamtam und noch mehr Nebel zelebrierten Vertragsunterzeichnung in Brüssel – Guido Westerwelle, ex-FDP-Vorsitzender und derzeitiger Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, via „Welt am Sonntag“ des Springer-Konsortiums in Berlin:

„Wir brauchen europäische Persönlichkeiten, mit denen sich die Menschen in ganz Europa identifizieren können. Deshalb bin ich für die Direktwahl eines europäischen Präsidenten, der zuvor in ganz Europa antreten und für sich werben müsste.“

„Europa braucht eine gemeinsame Verfassung, über die die Bürger in einer Volksabstimmung entscheiden sollten. Ich hoffe sehr, dass hier mittelfristig ein neuer Anlauf gelingt.“

Westerwelle forderte,

„langfristig zu einem wirklichen parlamentarischen Zweikammersystem zu kommen, mit dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat als einer Art Länderkammer“.

Damit folgt Westerwelle dem Konzept von Angela Merkel und deren Vorgänger Gerhard Schröder (s.Teil I). Diese hatten, nach dem Aufprall am Grundgesetz, im Angriffskrieg der Antidemokraten gegen die europäischen Demokratien (allen voran die deutsche) letzten Sommer einen radikalen Strategiewechsel eingeläutet. Die bereits nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags / EU-Vertrags und zu Beginn der Griechenland-Krise diskutierten Pläne, durch einen neuen EU-Vertrag die geplante weitere Transformation des EU-Staatenbundes  zu einem autoritären und zentralisierten Block voranzutreiben, wurden als gescheitert erkannt und aufgegeben.

Westerwelles heutige Forderung deckt sich eins zu eins mit den wütenden Ergüssen seines Vorvorgängers Joschka Fischer („Vergessen wir die EU der 27! Leider.“) vom 9. November in der „Zeit“ und denen vom 1. November letzten Jahres in der „Süddeutschen“. Dort war Fischer mit den Plänen der neuen Agenda für ein „Kern-Europa“ ins Detail gegangen:

– Transformation der Staaten im Euro-Währungsgebiet als “als Avantgarde der EU” zu einer “echten politischen Föderation.., den Vereinigten Staaten von Europa”
– Umgehung von EU-Kommission und EU-Parlament
– Schaffung einer “Eurokammer”, “proportional aus den Führungen der nationalen Parlamente zusammengesetzt”, das (in typischer Salamitaktik) erst “beratende” Funktion und nachher auf “Grundlage eines zwischenstaatlichen Vertrages” als “echtes parlamentarisches Kontroll- und Entscheidungsorgan” fungieren soll
–  “weitgehende Souveränitätsübertragung auf europäisch-zwischenstaatliche Institutionen”, die dafür “einer direkten Legitimation durch die Völker, durch Volksentscheide in allen Mitgliedsstaaten, auch und gerade in Deutschland” bedürften.

Fazit

Nichts Neues. Westerwelle, der wie alle hochrangigen ausführenden Funktionäre der antidemokratischen Nomenklatura in Deutschland und Europa seine Partei als Manövriermasse benutzt und jederzeit bereit ist diese für Pläne auf geostrategischer Ebene über die Klinge springen zu lassen, wagt sich heute als opferwillige Tontaube in unser Minenfeld. Das ist alles.

Fortsetzung, 9. Februar 2013:
DER VERFALL DER “EUROPÄISCHEN UNION” (X): Kein Pelzmantel der Geschichte